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Frühstück für Senioren

Olga Heinzl

Eine ausgewogene, gesunde Ernährung trägt dazu bei, auch im Alter fit zu bleiben. Diese Broschüre enthält mehrere Tipps und Rezepte für ein gesundes Frühstück, welche sich auch für Menschen mit Adipositas, Blutdruckbeschwerden, Darmträgheit, Diabetes mellitus und Fettstoffwechselstörungen eignen.

Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Werner Kiepfer

Musterländle oder Streithammelland?

Gemeinhin gilt Baden-Württemberg als mustergültig für die Republik, in vielerlei Hinsicht: Es ist das Bundesland der Arbeitsamen, der Sauberkeitsfanatiker, der Erfinder, Erschaffer und Erbauer. Nicht von ungefähr übersiedeln immer noch Jahr für Jahr viele Redliche (aber auch weniger Redliche) in den Südwestzipfel Deutschlands.

Für den Rest der Republik ist Baden-Württemberg gleichbedeutend mit „Schwaben". Was für eine ungeheuerliche Simplifizierung. „Schwaben" ist nur ein - zugegebenermaßen schöner und wichtiger - Teil dieses bedeutsamen Bundeslandes, heute wohl gleichzusetzen mit „Württemberg". Der andere Teil - das nicht minder schöne und wichtige Baden - verwahrt sich aber massiv dagegen, in einen Topf mit den „Schwaben" gesteckt zu werden.

Ein Aufschrei der Empörung aus dem Musterländle erschütterte ganz Deutschland als Wolfgang Thierse im Dezember 2012 in der Berliner Morgenpost über die „vielen Schwaben" in der Bundeshauptstadt lamentierte. Es ist nicht überliefert, wen er damit wirklich gemeint hat. Die Badener, die Württemberger oder doch pauschal die Baden-Württemberger. Wie auch immer. Fortan war Herr Thierse eine Unperson für alle Baden-Württemberger. Eine Rede im Stuttgarter Landtag zum 25-jährigen Jubiläum des Mauerfalls, wozu ihn die SPD-Fraktion eingeladen hatte, wurde ihm von einer satten Mehrheit verwehrt.

Hat man sich wegen Thierse noch zu Recht und solidarisch aufgeregt, so geht es mitunter aber wenig zimperlich zu, wenn Badener über die Schwaben - und natürlich auch umgekehrt Schwaben über die Badener - räsonieren. Das beginnt schon mit den despektierlichen Bezeichnungen, die man sich gegenseitig gegeben hat: Für den Schwaben sind alle, die im badischen Teil ihres schönen Bundesladens wohnen „Badenser". Was der kluge Karlsruher aber sofort schlüssig kontert mit der Feststellung: „Du sagst ja zu einem Frankfurter auch nicht Frankfurtser".

In der Umkehrung spricht der Badener gerne vom „Sauschwob", wenn er seinen Landesnachbarn verunglimpfen will. Ob sich der Badener dabei aber bewusst ist, dass die Präposition „sau" für den Schwaben eher positiv besetzt ist?! „Sauguat" oder „saubacha" (sehr gut), „Saukatz" (tolle Frau), „saumäßig" (außerordentlich) sind nur ein paar Beispiele.

Wer Baden-Württemberg das Prädikat „Musterländle" zugesprochen hat, ist dem Autor nicht bekannt. Dass der Südwest-Staat die Bezeichnung aber verdient, steht außer Frage. Mustergültig für die gesamte Republik, ja für den ganzen Globus sind Fleiß und Sauberkeit. Ersteres zeigt sich in der Vielzahl kleiner und kleinster Unternehmen, die im südlichen Bundesland gegründet wurden, und auf denen noch heute der Wohlstand der Baden-Württemberger beruht. Aus so manchem dieser Kleinunternehmen ist inzwischen eine Weltfirma geworden.

Die Sauberkeit nun muss in Schwaben oder Baden erfunden worden sein. Man fahre nur einmal über die Dörfer der Schwäbischen Alb, durch die Weiler des Hotzenwaldes oder die versteckten Siedlungen des Schwarzwaldes: Auch der kritischste Blick wird keine Beanstandungen in Bezug auf die allgemeine Reinlichkeit ausmachen können. „Gesetzlich verankert" ist die Reinlichkeit letztlich in Gemeindeordnungen (Reinigungs- und Streupflichtsatzung) und in den Mietverträgen (Kehrwochenregelung). Es sei erwähnt, dass das Urheberrecht der Kehrwoche den Württembergern, also den Schwaben zusteht. Aber das wäre eine eigene Geschichte für die Stuttgart-Lese.

Worauf beruht nun aber der Verdacht, dass der Musterbürger auch Eigenschaften haben könnte, die gemeinhin als aufmüpfig und streitsüchtig angesehen werden und damit weniger Zuspruch in der Öffentlichkeit finden? Es war im Großherzogtum Baden, wo die Erhebungen der Deutschen Revolution 1848 ihren Anfang nahmen. So gesehen verdanken wir den Südweststaatlern die erste Vereinigung Deutschlands. Es brauchte eben das Streithammelgemüt der heutigen Musterbürger.
Den Prototyp des Streithammels dürfen die Schwaben „in persona" des Remstal-Rebells Helmut Palmer für sich beanspruchen. Ein Artikel aus der Online-Ausgabe von „Die Welt" belegt die bespiellose Aufmüpfigkeit dieses viel bewunderten, oft gehassten aber selten belächelten Ur-Schwaben:
„Europawahlmüde? Politikverdrossen? Da könnte eine Dosis Helmut Palmer helfen. Der Vater des Grünen-Politikers Boris Palmer (der heute als Oberbürgermeister von Tübingen regiert) hat es in seinem Leben über politische Kandidaturen nie hinausgebracht. Doch für die war er im "Ländle" über Jahrzehnte berühmt. Über 300 Wahlkämpfe hat er bestritten, der Protestbürger, der Querkopf, der die etablierten Parteien und ihre Vertreter das Fürchten lehrte. Ein Störenfried, der Jahr für Jahr auf dem Dreikönigstreffen der FDP auftauchte und ihr schon 1983 den Untergang prophezeite."
Über CDU und SPD ätzte er: "Schwarz oder Rot wählen ist, wie wenn ein Rheumakranker sich von der einen auf die andere Seite legt." Mitbewerber bei Bürgermeisterwahlen belegte er mit Sprüchen wie: "Sie taugen zur Sozialdemokratie wie der Igel zum Arschputzen".

Es gibt viele Beispiele streitsüchtiger Baden-Württemberger. Götz von Berlichingen war ein solcher. Den vorläufigen Höhepunkt dürfte aber die breite Bürgerbewegung gegen das umstrittene Projekt „Stuttgart 21" gesetzt haben. Es waren (und sind) nicht „linke Spinner", die sich dieser Milliarden-Investition widersetzen, wie manche Regierende mutmaßen. Es sind gestandene, sparsame Schwaben, denen es ein Graus ist, so das Geld aus dem Fenster zu werfen. Der Ur-„Wutbürger" ist Baden-Württemberger.

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Quelle der Illustration

1.  „Der große Schwobaseckel", erschienen im Verlag Albeck, 74223 Flein, Urheber: Richard Ruckaberle, ISBN 978-3-9811-4954-8.

2.  Der große Schwobaseckel", erschienen im Verlag Albeck, 74223 Flein, Urheber: Richard Ruckaberle, ISBN 978-3-9811-4954-8.

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