„Mein bestes Glück liegt innerhalb des Hauses", sagte der am 18. September 1804 in Ludwigsburg im Herzogtum Württemberg geborene Pastor und Dichter
Eduard Mörike. Vielen gilt er als der typischste Repräsentant des schwäbischen Biedermeier. Von 1851 bis zu seinem Tod 1875 lebte Mörike mit kürzeren Unterbrechungen in Stuttgart. In Stuttgart kamen auch seine beiden Töchter, Fanny und Marie, zur Welt. Das von ihm gepriesene häusliche Glück hat er immer wieder herausgefordert. Während seiner Jahre in der württembergischen Residenzstadt wechselte er mehrfach die Wohnung.
Mörike, der sich schon 1821 und 1826 für kürzere Zeit in Stuttgart aufgehalten hatte, zog in die württembergische Haupt- und Residenzstadt, nachdem er zum Professor für Literaturgeschichte ans Stuttgarter Katharinenstift berufen worden war. Das Stift war eine Ausbildungsstätte für Mädchen aus dem Adel und dem gehobenen Bürgertum. Die Berufung verdankte Mörike der Empfehlung einer langjährigen Freundin von König Wilhelm I. von Württemberg, Amalie Stubenrauch (im Volk auch als die „geheime Regentin" bezeichnet). Diese wiederum war durch ihren Schwager, den Regisseur und Dichter Teodor Löwe, der ihr einen kleinen Gedichtsband von Mörike geschenkt hatte, auf den Theologen und Dichter aufmerksam geworden. Für Mörike bedeute dies eine wesentliche Verbesserung seiner Lebensumstände. Als studierter Theologe hatte er sich viele Jahre in geistlichen Berufen gequält und schon mit 39 Jahren in den Ruhestand versetzen lassen. Nun durfte er heranwachsenden jungen Damen Dichtkunst vortragen, was dem älteren Herrn, auch wenn er von ihnen gelegentlich als „seine Gäns" sprach, doch auch geschmeichelt haben dürfte. Seine Schülerinnen jedenfalls verehrten ihn, und auch
Königin Olga, Zarentochter und Ehefrau des Königs Karl I. von Württemberg, machte ihm einige Male ihre Aufwartung. Sie erschien zu seinem Unterricht und während er seinen Elevinnen aus den Werken des Sophokles vorlas, nahm sie sich eine Häkelarbeit vor und versicherte anschließend dem Professor „ihr Interesse an dem Gegenstand" seines Vortrages.