Màrcia Haydèe wurde am 18. April 1937 in Niteroi (Brasilien) geboren.
Sie gilt als eine der größten Ballerinen und Choreographinnen des 20. Jahrhunderts. Ihre Tanzpartner waren u.a, Rudolf Nurejew, Richard Cragun, Paolo Bortuluzzi, Jorge Donn und Mikhail Baryshnikov.
1961 nahm sie ein Engagement des Generalintendanten Walter Erich Schäfer zur Mitarbeit am Stuttgarter Ballett an, wo sie unter der Leitung von John Crango Primaballerina wurde. Als sie nach ihrer Ausbildung an der Royal Ballet School in London zum Vortanzen nach Stuttgart kam, beeindruckte sie Cranko sofort, obwohl sie in dieser Zeit noch keine ausgefeilte Technik besaß, übergewichtig war und es ihr an Erfahrung fehlte. Er muss ihr großes darstellerisches Können erahnt haben, das ihr gleichermaßen bei tragischen wie komischen Stücken zugute kam.
Der Durchbruch zum Weltruhm gelang ihr 1962 in Romeo und Julia, gemeinsam mit Richard Cragun. Eine außergewöhnlich lange, kongeniale Partnerschaft verband sie mit Richard Cragun. dem sie auf der Bühne bei allen akrobatischen Sprüngen und Hebefiguren absolut vertraute.
16 Jahre leben sie auch privat zusammen, bis sich Cragun zu seiner Homosexualität bekennt und sie sich trennen. Trotzdem bleiben sie auf der Bühne ein Paar.
Die Stuttgarter Compagnie wurde eine der führenden Balletttruppen der ganzen Welt, 1976 wurde Haydèe zur Ballettdirektorin ernannt. Das Stuttgarter Ballett mit Haydèe erobert in den 60er Jahren nacheinander die Hochburgen Leningrad, Moskau. New York, London und begeistert während seiner Tourneen Menschen auf der ganzen Welt. Sehr erfolgreich war auch ihre Zusammenarbeit mit John Neumeier (er widmete ihr sein Ballett Kameliendame) und Maurice Bèjart.
Màrcia Haydèe nahm 1996 Abschied vom Stuttgarter Ballett. Ihre letzte Vorstellung als Erste Solistin des Stuttgarter Ballens gab sie — nach insgesamt 35 Jahren Bühnenpräsenz am Ende der Spielzeit 1995/96 als Madame Rosanne in Maurice Bèjarts Gaìtè parisienne.
Haydèe ist seit 1995 mit dem Yoga- und Meditationslehrer Günter Schöberl verheiratet und lebt auf der Schwäbischen Alb.
Im März 2009 wurde Màrcia Haydèe in Stuttgart von Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern verliehen. Nach einer feierlichen Einbürgerungszeremonie im September 2009 ist die aus Brasilien stammende Tänzerin nun offiziell auch Deutsche.
Hier der Schluss der Laudatio von Lothar Späth bei der Verleihung des Deutschen Tanzpreises an Màrcia Haydèe am 4. März 1989 im Grillo Theater Essen:
„Liebe Màrcia Haydèe, ich habe nichts Besseres zum Schluss dieser Laudatio, als einen Teil des Gedichts von Maurice Bèjart:
„Màrcia Haydèe, Du bist es, der ich schreibe. / Wenn Du tanzt, weiß ich nicht mehr; /was Tanz ist — / und ich weiß auch nicht, / ob ich Tanz schaffen kann.
Wenn Du tanzt, erfindest Du — / und erfindest Du mich, / Du entdeckst Dich und Du verbirgst
Dich. /Du singst, Du weinst, /Du bringst mich zum Lachen, /Du hilfst mir zu denken, /Du hilfst mir zu leben...
Wenn Du tanzt, tanzt Du, / und die Klarheit im Tanz ist / wie Dein roter Mund- / im Schwarz und Weiß des Films / Deiner Existenz.
Marcia, wie Mephisto dem Faust / werde ich Dir leise ins Ohr flüstern: / „Mach weiter Marcia, mach weiter! / denn wir brauchen Dich alle.“
Ich flüstere Dir nicht ins Ohr, sondern ich sage es hier laut!“
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Bildquellen:
Porträt Marcia Haydée, Plastik von Eva Zippel,1989, Haus der Geschichte Baden-Württemberg,CC-BY-SA 3.0 via wikipedia commons
Bild Marcia Haydée, übernommen von DBFT, Deutscher Tanzpreis 1989, seine Preisträger und seine Laudatoren( stark überarbeitet von mir)